Treffpunkt Klangschloss

Nach zweijähriger Zwangspause fand in Greifensee bei Zürich wieder die traditionelle Klangschlossmesse hinter historischen Mauern statt. Von großem Publikumsinteresse berichtet Veranstalter Markus Thomann. Ein gewisser corona-bedingter „Nachholbedarf“ an Gerätevorführungen, Live-Konzerten und dem Gedankenaustausch mit Gleichgesinnten sorgte für einen Rekord bei den Besucherzahlen. Nicht zuletzt auch, weil die Messe diesmal an drei Tagen stattfand.

Schloss Greifensee, ein Ort kultureller Begegnung, Weiterbildung und Information – und alljährlich Location der Klangschloss-Messe

Ein Besuch im trutzigen Klangschloss ist immer wieder ein Erlebnis – allen schon wegen des malerischen Ensembles historischer Bauten am wunderschönen Greifensee, das den Veranstaltungsort umgibt. Blickfang neben Schloss und Landenberghaus – in dem die Vorträge und Musiksessions stattfinden – ist auf dem Weg dorthin die St. Gallus-Kapelle, eine gotische Wehrkirche mit dem ungewöhnlichen Grundriss eines Viertelkreises aufgrund ihres Einbezugs in die Stadtmauer.

Die reformierte Kirche Greifensee trägt ein originelles Spitztürmchen mit Uhr

Es lohnt auch, abseits vom Messetrubel die wenigen Schritte zum Bootshafen zu gehen und den Blick über den See schweifen zu lassen. Die Ufer des zweitgrößten Sees im Kanton Zürich sind von Bebauung weitgehend verschont geblieben und stehen unter Naturschutz.

Bootshafen Greifensee: links das Schloss, rechts das Landenberghaus mit dem „Beizli“, in dem sich mancher Besucher bei Speis und Trank vom Messetrubel erholte

Als (relativ) günstige Übernachtungsmöglichkeit ganz in der Nähe des Klangschlosses kann ich den „Hotel-Gasthof zur Alten Kanzlei“ empfehlen:

https://gasthofkanzlei.ch/de/startseite/

Die Zimmer sind top, der Service ist freundlich-familiär, das opulente Frühstücksbuffet (mit serviertem Café Schümli) ein Traum. Das Beste aber: Man kann während der ganzen Messezeit als Hotelgast auf dem eigenen großen Parkplatz kostenlos parken und muss nicht den Automaten am öffentlichen Platz ständig mit Franken füttern. Von der Alten Kanzlei zum Klangschloss sind es zu Fuß nur zwei Minuten.

Plattform heimischer Hersteller

Der Rückzug der Menschen in ihr Heim in den letzten zwei Jahren hat der Audioszene einen Schub gegeben und die Wertschätzung einer guten Musikanlage gesteigert. HiFi-Händler erzielten während der Pandemie Rekordverkäufe – befeuert auch von der Sorge der Kunden, das gewünschte Gerät werde angesichts der Lieferschwierigkeiten der Hersteller bald nicht mehr zu bekommen sein.

Das Klangschloss entwickelt sich immer stärker zu einer Plattform für Schweizer High-End-Hersteller. Besonders kleinere Firmen schätzen die entspannte Atmosphäre und den direkten Kontakt zu den Besuchern. Zur Einstimmung auf die Messe ist im „av guide“ unter dem Motto „Die Schweizer Präzision lebt“ ein lesenswerter Beitrag erschienen:

https://www.avguide.ch/publireport/swiss-made-high-end-und-vieles-mehr-klangschloss-8×10-april

„Schon kurz nach der Eröffnung der Ausstellung am Freitagnachmittag erklangen vielfältige Musiktöne aus den Zimmern und waberten durch die alten Gemäuer und das Treppenhaus“, so der Report von der Messe. „Es war das Klangschloss, wie es die Stammbesucher kennen und lieben. Der Charme dieses historischen Gebäudes, umrahmt von der schönen Natur des Greifensees, verzaubert jeden Besucher. Die Stimmung war denn auch supergut.“

Hornlautsprecher von SWISSONOR im gemeinsamen Ausstellungsraum mit Riverside (©Klangschloss)

„Wenn ein Raum den ‚Vintage-Klangschloss-Preis‘ verdient hat, dann ganz sicher dieser“, meint der Berichterstatter des av guide. „Thorens-Plattenspieler, teilweise 60 Jahre jung und perfekt revidiert, spielten via Single-Ended-Röhrenverstärker von SWISSONOR an Hochwirkungsgrad-Hörnern. Da groovte und soundete es, und man sah viele ältere Besucher mit glänzenden Augen und wehmütigen Erinnerungen an die guten alten Zeiten. Sascha Zeier von Riverside Audio und Urs Frei von SWISSONOR haben den Vintage-Groove richtig drauf.“ Kein Wunder deshalb, dass der Vorführraum im ersten Stock auf großes Besucherinteresse stieß und oft „volles Haus“ vermeldete.

Gesamtansicht des Riverside-Programms – auch hier durfte SCHWEIZER PRÄZISION nicht fehlen (©Klangschloss)

Sascha Zeier hatte seine zurzeit verfügbaren Thorens TD 124 nach Greifensee mitgebracht – auch das außergewöhnliche Exemplar in schwarzem Kräusellack

Immer wieder Hingucker: der Riverside-124er mit der Anmutung eines alten technischen Geräts in schwarzem Kräusellack. Der außergewöhnliche Plattenspieler ist inzwischen verkauft (©Klangschloss)

Unter den traumhaft restaurierten Exponaten stach diese „zweiköpfige“ Version eines Thorens TD 124/II mit SME 3012/II und angeflanschtem kurzen SME-Tonarm hervor

Dieser Spezialteller dient Riverside zur Kontrolle des Antriebsverhaltens bei der Revision eines Thorens TD 124. Sehr gut zu beobachten das Zusammenspiel von Motor, Riemen, Zwischen- und Reibrad

Ausstellungpartner von Riverside war Urs Frei von SWISSONOR – bekannt durch die hochwertigen Upgrades für den Thorens TD 124. Hier erläutert Frei den Besuchern sein modulares Vollröhren-Verstärkersystem an hauseigenen Hornlautsprechern

Der Klang der SWISSONOR-Anlage mit dem silberfarbenen Thorens TD 124 samt hauseigenem Tonarm war anrührend – das Verstärkerpult mit einer Armada von Trafos und Röhren allerdings ein veritabler „Frauenschreck“. Wohl dem Audiophilen, der dafür eine verständnisvolle Partnerin hat.

Auch SCHWEIZER PRÄZISION war auf der Klangschlossmesse mit an Bord. Mancher Besucher nutzte die Gelegenheit, in den beiden Bänden des Ansichtsexemplars ausgiebig zu schmökern und, bei gesteigertem Appetit, gleich einen Schuber mitzunehmen. Magnet an unserem Büchertisch mein Riverside-TD 124 mit der frühen Produktionsnummer 6172 und dem seltenen SME 3009 Serie I, den ich von Sascha Zeier in Empfang nahm und der jetzt bei mir im Taunus ein neues Zuhause fand.

Unser Büchertisch in Greifensee mit dem frühen Thorens TD 124, S/N 6172

„Das Klangschloss 2022 war klar das beste Klangschloss ever!“, so das Resümee des Online-Magazins. „Angefangen von der Rekord-Besucherzahl – über 800 Eintritte – bei diesmal drei Klangschloss-Genuss-Tagen über die vielen liebevoll eingerichteten Musikzimmer mit fantastischen High-End-Anlagen bis zu den zahlreichen neuen Musikangeboten wie Live-Darbietungen, die direkt als Stream in die Klangschloss-Räume übertragen wurden.“

Kurzes Ausspannen bei einem guten Glas Weißwein, der an den Hängen des Greifensees wächst. Auch diese Audiomesse ist eine fast lupenreine Männergesellschaft (©Klangschloss)

Abgerundet wurde das Klangschloss-Angebot durch den Analog-Treff mit Plattenbörse und dem gut besuchten Klangschloss-Beizli.

Stets mit Herzblut dabei: Veranstalter Markus Thomann (©Klangschloss)

„Das Klangschloss war absolute Spitze und wir sind alle froh, dass Du dieses wunderbare Zusammentreffen unermüdlich zu einem Mekka der Musik weiterentwickelt und immer daran geglaubt hast“, so das einhellige Lob von Messebesuchern gegenüber Markus. „Merci vielmals!“

TD 124 = Rumpelstilzchen ?

Eigentlich geht es im Klangschloss ausschließlich um High End – womit sich zum Abschluss des Greifensee-Reports die Frage stellt, ob für SCHWEIZER PRÄZISION dort der richtige Platz ist. Schallplattenliebhaber, die mit Stringantrieb und Plattenklemme aufgewachsen sind und deren Erinnerungsvermögen nicht weiter als bis zum Linn LP 12 zurückreicht, können sich kaum vorstellen, mit einem mehr als 50 Jahre alten Plattenspieler genussvoll Musik zu hören.

Dazu zählt auch der Macher eines high-endigen Mitgliedermagazins, der den Thorens TD 124 als „Rumpelstilzchen“ abtut und beklagt, dass bei mir die SME-Geschichte „genau dort abbricht“, wo es für ihn (mit SME V) erst „richtig interessant“ wird. Wobei anzumerken ist, dass ich SCHWEIZER PRÄZISION für derartige Interessenlage nicht gemacht habe.

„Mir ist bekannt, dass dieses Laufwerk wie auch der bauähnliche Garrard 401 in bestimmten audiophilen Kreisen Kultstatus genießt“, kritisiert er weiter. „Ich möchte nicht auf den damit zumeist reklamierten Absolutheitsanspruch dieser Philosophie eingehen. Aber man blättert und blättert in diesem Buch, ohne dass es irgendeinen Entwicklungsfortschritt gäbe. Auch dieses Kompendium durchzieht die implizite Aussage, dass der TD 124 das beste Laufwerk aller Zeiten war und es niemals ein auch nur ebenbürtiges geben kann.“

Im Vorführraum von Riverside berät Sascha Zeier (rechts) potenzielle Kunden

Das hat im Ernst niemand behauptet – Polemik eines Audiophilen, für den der Antriebsmotor eines Plattenspielers nicht unter, sondern neben den Teller gehört und dem „Retro“ ganz grundsätzlich suspekt ist. Im Vorführraum von Riverside Audio hätte der Rezensent aber feststellen müssen, dass ein perfekt revidierter Thorens TD 124 mit einem dazu passenden Tonarm und Tonabnehmer klangmäßig auf der Höhe der Zeit spielt. Dank moderner Ersatzteile und Ergänzungen erreichen die von Riverside restaurierten 124er eine Qualität, welche die originalen Laufwerke übertrifft.

Hier erläutert Stefan Flüggen anhand des Schaubildes an der Wand die Details einer professionellen Riverside-Revision

Für den speziellen Charme eines Thorens TD 124 und seine große Anhängerschaft hat Burkhardt Schwäbe, Inhaber der Firma EternalArts, in der Zeitschrift hifi tunes eine einleuchtende Erklärung:

„Die Uniformität modernen Gerätedesigns und die massenhafte, wenig individuelle Allgegenwärtigkeit der aktuellen Komponenten fördern die innere Auflehnung gegen solche Produkte. Mit dem Blick auf die Kosten für etwas Neues und der erlebten Zufriedenheit mit dem Bisherigen wird zwangsläufig der Gedanke befördert, lieber zum restaurierten Klassiker zu greifen.

Zahlreiche Highend-Geräte und Plattenspieler mit hohen vier- oder gar fünfstelligen Preisschildern, von denen immer und immer wieder neue Modelle erscheinen, haben nach wenigen Jahren nur noch einen Bruchteil ihres Neuwertes. Manche Exoten sind auf dem übersättigten Markt zu annehmbarem Preis nicht zu verkaufen – oder es will sie überhaupt niemand haben.

Andere Geräte mit sonderlichen Namen wie „Die Erleuchtung“ stammen von Kleinmanufakturen, die bald wieder vom Markt verschwinden. Schon mal von der Marke „Sonority“ gehört? Einen Kopfhörerverstärker dieses Fabrikats hatte mir vor Jahren ein Highend-Händler verkauft. Später konnte ich im Netz noch recherchieren, dass dabei irgendein Entwickler von Stax im Spiel war. Aber wieder veräußern? – Selbst das Online-Kaufhaus kennt das Produkt nicht …

So oder so lässt sich also viel Geld verbrennen. Der hohe Wertverlust zahlreicher Highend-Produkte ist eine traurige Realität, auf der clevere Händler von Gebraucht-HiFi wie Spring Air ihr Geschäftsmodell gründen. Versuchen Sie mal, einen Plattenspieler für 80000 Euro wie den von Martina Schöner wieder zu verkaufen, wenn Sie plötzlich Geld brauchen – dann beginnt das Tal der Tränen …

Dass der Betrieb sorgfältig gepflegter, wertstabiler HiFi-Oldtimer eine Alternative zur Anschaffung von Neugeräten darstellt – davon ist auch Pierre Wittig überzeugt, dessen Firma HiFi-ZEILE sich mit der Aufarbeitung von Klassikern der 1970er und 1980er Jahre befasst. Für ihn zählt nicht nur der Klang, sondern auch die Ästhetik solcher Meilensteine.

Pierre Wittig: „Es macht mir einfach Freude, klassische HiFi-Geräte zu bedienen und sie in Funktion zu setzen“

„Die glücklichen Besitzer eines gut gepflegten Klassikers werden mit audiophiler Qualität und hohem Wertgefühl belohnt. Es ist einfach Audiotechnik, wie sie Spaß macht. Mit der Exklusivität ihrer Geräte beweisen diese Liebhaber Stil und treffen eine deutliche Aussage pro Nachhaltigkeit und contra Wegwerfmentalität heutiger Tage.“

Thorens, McIntosh und ein guter Single Malt: im Bild ein TD 124 mit Ortofon-Tonarm RS 212 und die Transistor-Endstufe MC 2105. Das Klassiker-Stimmungsbild sandte mir ein Besitzer von SWISS PRECISION aus Knoxville, Tennessee