X-1000: Der größte Fisher Amp

An der Spitze der Vollverstärkerreihe von Fisher steht der „Master Control Amplifier“ X-1000 mit dem dazu passenden Spielpartner – dem „Broadcast Monitor“ Tuner FM-1000.

Fisher X-1000 in makellosem Originalgehäuse aus meiner Sammlung, Baujahr 1961-1964. Mit 2 x 55 Watt Musikleistung aus vier Endröhren EL 34 damals der stärkste amerikanische Röhrenvollverstärker. Diesen prächtigen Fisher hat EternalArts fachgerecht restauriert und intern auf 235-Volt-Betrieb umgerüstet

Über den Fisher X-1000 schreibt der Hersteller: „Unser Studiostandard-Modell ist der bei weitem stärkste und modernste Vollverstärker der Welt. Er vereint eine 110-Watt-Endstufe höchster Qualität mit einer technisch ausgefeilten Vorstufe als Kontrolleinheit. Verstärkerbausteine dieses Kalibers waren bisher nur als getrennte Einheiten erhältlich, die erheblich mehr Platz benötigen und mehr kosten.“

Im Gegensatz zu Highend-Verstärkern, deren magere Bedienungsmöglichkeiten bisweilen nur aus einem dreistufigem Eingangswahlschalter ohne Phono und dem Lautstärkeregler bestehen, verfügen hochwertige Vertreter der 1960er Jahre über eine großzügige Ausstattung.

Heute hat selbst das einfachste Handy, die billigste Fernbedienung eine kaum überschaubare, chipgesteuerte Zahl von „Features“ in Form unzähliger Menü-Ebenen und Untergliederungen. Bei den damaligen HiFi-Geräten hingegen lässt der Umfang der Bedienungsmöglichkeiten meist direkten Rückschluss auf die Preisklasse zu. „Hinter jedem Schalter und Regler“, so Techniker Peter Feldmann, „verbergen sich im Gehäuse aufwendige Mechanik und komplizierte, von Hand ausgeführte Verdrahtungen, die entsprechend bezahlt werden müssen und bei Einsteigergeräten nicht zu realisieren sind.“

Typisch für die großen Verstärkermodelle jener Zeit ist die Anschlussmöglichkeit zahlreicher Programmquellen.

Input Selector am Fisher X-202-B mit 2 x Phono nach RIAA- oder Columbia- sowie nach Schellack-Norm

Weiteres Komfortmerkmal ist der „Mode Selector“ (Betriebsartenschalter) links unten auf der Frontplatte, dessen Positionen beim Fisher X-1000 von einem funkelnden Lichterspiel aus grün, gelb und rot strahlenden Signallämpchen angezeigt werden: Mono, Stereo, Stereo vertauscht sowie A (linker Kanal auf beide Lautsprecher) und B (rechter Kanal auf beide Lautsprecher).

Funkelndes Lichterspiel am Fisher X-1000, links unten der Betriebsartenschalter

Modelle von McIntosh und Scott warten sogar mit sieben Wahlmöglichkeiten auf: Hier gestattet der Betriebsartenschalter zusätzlich noch, die Summe beider Kanäle auf den linken oder den rechten Lautsprecher zu geben.

Eine besondere Funktion des X-1000 ist das „Low Level Input Balancing“, bei dem sich die Spannungen eines Stereo-Tonabnehmers in beiden Kanälen mit äußerster Genauigkeit einander angleichen lassen. Damit kann zum Beispiel eine Schrägstellung der Abtastnadel oder des ganzen Tonabnehmers, die zu ungleicher Abtastung der Rillenflanken führt, am Verstärker elektrisch ausgeglichen werden.

Als weiteres exklusives Feature offeriert der X-1000 die Anschlussmöglichkeit von gleich zwei Kopfhörern auf der Frontplatte – zu einer Zeit, in der selbst Spitzengeräte wie der Vorverstärker Marantz Model 7 noch nicht einmal über eine Klinkenbuchse für diesen Zweck verfügen.

Der kombinierte Drehschalter mit Rutschkupplung rechts unten auf der Frontplatte trägt die Bezeichnungen „Spacexpander“ und „Dimension“.

Mit dem vorderen Drehknopf lässt sich die Basisbreite von Mono über Stereo bis Extrabreit stufenlos verstellen

Über das Komfortmerkmal der Basisbreitenverstellung verfügt damals auch ein deutscher Vollverstärker – der bei Sennheiser gebaute HSV 60 von Perpetuum-Ebner. In der Anfangszeit der Stereophonie wurden zweikanalige LPs gern mit übertriebener Links-Rechts-Trennung aufgenommen. Damit wollten die Plattenfirmen den neuartigen Effekt der Kanaltrennung möglichst eindrucksvoll vorführen – und den höheren Preis der Stereoschallplatten rechtfertigen. Wem das zu viel „Ping-Pong“ war, konnte mit diesem Regler den Effekt abschwächen beziehungsweise die Stereowiedergabe dem eigenen Geschmack anpassen.

„Zauberhafte Akustik“

Der hintere Ring mit der Bezeichnung „Spacexpander“ dient zum Steuern der externen Fisher-Halleinrichtung K-10. Damit lässt sich dem Klangbild von der Frontplatte des X-1000 aus künstlichen Nachhall beimischen.

In einer Ära, in der jede Tanzkapelle mit verhallten Gitarren spielt, möchten viele Musikfreunde den elektronisch erzeugten Effekt auch zu Hause nicht missen. Über die in den frühen 1960er Jahre hochaktuellen Halleinrichtungen hatte ich in meinem letzten Monatsbeitrag ausführlich berichtet. Insofern ist der X-1000 mit der Möglichkeit der „Raumerweiterung“ auch ein Kind seiner Zeit.

Der Fisher Spacexpander besteht aus dem Nachhallerzeuger (Hallspirale), einem kleinen Röhrenverstärker, der zwischen Vor- und Endverstärker einer HiFi-Anlage geschaltet wird, und einem externen Regler für die Hallintensität – der in dem Fall vom X-1000 übernommen wird.

Spacexpander zum Anbringen an einer Schrankwand. Mein Exemplar hat EterntalArts restauriert und auf 235 Volt-Betrieb umgestellt

„Das elektronische Zusatzgerät K-10 zum Erzeugen naturgetreuen Nachhalls verleiht jedem Raum eine zauberhafte Akustik“, versichert Fisher. „Zur unvergleichlichen Fisher-Tonqualität gesellt sich eine wahre Orchestersaal-Akustik.“

HiFi-Geräte von Fisher konnte man in Deutschland ab 1962 kaufen. Erster Importeur war Hans Bauer mit seinem Echolette-Vertrieb in München. Doch schon ein Jahr später ging die Fisher-Vertretung an Elac in Kiel. Das größte Verstärkermodell X-1000 wurde in Bauers Hauszeitschrift Show Business sogar bildlich beworben

In der HiFi-Stereo Praxis (Heft 12/1962) berichtet Ernst Pfau über den Fisher X-1000 und seinen Schöpfer: „Es gibt Geräte, deren Prüfung ausgesprochene Freude macht. Zu ihnen gehört dieser Stereo-Verstärker eines Mannes, der sich nach einer langen Reihe gelungener Konstruktionen in den Kopf gesetzt hatte, einmal einen Verstärker ohne Rücksicht auf die Kosten so gut wie irgend möglich zu bauen.“

Avery Fisher, Gründer und Präsident der Fisher Radio Corporation in New York

The Fisher – nicht nur Fisher, THE Fisher. Fett gedruckt und stolz verkündet. Mit dem Vorsatz des Demonstrativpronomens vor den Firmennamen wollte der Hersteller die Einzigartigkeit seiner HiFi-Geräte unterstreichen.

Eine elegante Schwalbe, die einen Notenschlüssel im Schnabel trägt, ist Firmenzeichen von Fisher

Weiter schreibt Ernst Pfau: „Wen die neun Bedienungsknöpfe, darunter sechs mit Doppelfunktion, zunächst erschrecken, wird nach dem Studium der Betriebsanleitung und einigen Erprobungen feststellen, dass die außerordentliche Vielseitigkeit des Gerätes mit überraschend wenigen Handgriffen zu beherrschen ist. Auch der nicht mit der technischen Spielfreude der Amerikaner begabte Laie wird sich bald mit dem Verstärker auskennen und seine Vorzüge zu nutzen wissen.“

Beim Innenaufbau des X-1000 stellt der Testredakteur eine „gewisse Internationalität“ fest: „Der Hersteller hat sich von allen Lieferanten die Teile besorgt, die ihm am besten dünkten.“ Die Pentoden EL 34 stammen aus Deutschland von Telefunken, die verbleibenden Röhren aus Holland von Philips und Valvo, andere Bauteile wiederum aus den USA. Schalter, Widerstände und Kondensatoren sind nicht nur von bester Qualität, sondern auch reichlich dimensioniert. Die dadurch erzielte Schonung des Materials garantiert lange Lebensdauer dieses Traumverstärkers.

Besonders lobt Ernst Pfau die Auslegung von Rausch- und Rumpelfilter des X-1000, die störende Frequenzen wirksam beschneiden, ohne das Klangbild stark zu beeinflussen. „Das Rumpelfilter zum Beispiel zeigt bei 100 Hz noch keine Dämpfung, bei 65 Hz gerade -3 dB, bei 30 Hz aber schon – 13,5 dB. Da die höchsten Rumpelfrequenzen eines Plattenspielers gerade in diesem Bereich liegen, ist diese Absenkung sehr wirksam. Eine Beschneidung der Bässe bei 150 oder gar schon 200Hz, wie sie manch anderer Verstärker aufweist, würde nur die Basswiedergabe verschlechtern, ohne die gewünschte Filterwirkung zu erreichen.“

Im praktischen Betrieb zeigt der größte, schwerste und mit 2 x 55 Watt leistungsfähigste Fisher-Vollverstärker eine wirklich überragende Klangqualität mit trockenen, runden Bässen sowie außerordentlich sauber und geschmeidig klingenden Höhen. „Wer ein unbeschränkt vielseitiges Gerät besitzen will“, so das abschließende Urteil der HiFi-Stereo Praxis, kann den Fisher X-1000 in die engste Wahl ziehen. Allerdings muss er in der Lage sein, den nicht geringen Preis von 2320 DM für das Chassis auszugeben.“

Auf dem Gebrauchtmarkt ist der größte der Fisher-Vollverstärker heute schwer zu bekommen – in Top-Zustand oder als 220 Volt-Modell fast unmöglich.

Noch seltener taucht der dazu gehörige Tuner „Fisher Broadcast Monitor“ FM-1000 auf, vor allem in der 19-Zoll-Gestellversion FMR-1 mit Handgriffen für die Senderüberwachung in amerikanischen Rundfunkstationen.

„Broadcast Monitor Tuner“ Fisher FM-1000 – hier in der zivilen Version. Schon die für einen Tuner große Zahl an Bedienungselementen verrät, dass es sich hier um einen außergewöhnlichen Empfänger handelt

„Der FM-1000 ist eigentlich kein Tuner für den Hausgebrauch – weder in seiner Auslegung noch in der Funktion“, schreibt im Oktober 1962 die US-Zeitschrift Audio. „Wir stellen ihn unseren Lesern nur vor, weil er die Spitze dessen markiert, was heute technisch möglich ist. Bevor wir aber Begehrlichkeiten wecken, möchten wir gleich klarstellen, dass der FM-1000 preislich in die ‚Über-400-Dollar-Kategorie‘ fällt und damit professionellen Anwendungen und den Besitzern hochqualitativer HiFi-Anlagen vorbehalten bleibt.“

Fisher vom Bottnischen Meerbusen

Doch trotz aller Seltenheit – vor einigen Jahren war mir das Sammlerglück in besonderer Weise hold: Im Online-Auktionshaus wurde nicht nur der Verstärker, sondern auch gleich noch der Tuner dazu versteigert – beide in Sammlerzustand und im originalen Fisher-Gehäuse!

Fisher X-1000 aus Finnland in makellosem Originalgehäuse
Fisher Broadcast Monitor FM-1000 – ebenfalls in neuwertigem originalem Holzgehäuse

Da die Zukunft von UKW-Stereo leider fraglich ist, was sich inzwischen auch im sinkenden Sammlerwert von Spitzentunern niederschlägt, beschloss ich, nur auf den X-1000 zu bieten – und gewann die Auktion. Die große Überraschung dann der Verkäufer: Der saß nämlich in Finnland – in einer Kleinstadt am nordöstlichen Zipfel des Bottnischen Meerbusens, der mehrere Monate im Jahr zugefroren ist.

Warum sich der Finne von diesen Schätzen trennen wollte, bleibt mir bis heute schleierhaft. Und leider: Auch dieser Liebhaber hatte sich eine umfassende professionelle Revision gespart und die beiden 117-Volt-Geräte mit Step-Down-Konverter betrieben. Dazu passt, dass der Tuner auch nicht auf die hiesige Deemphasis von 50 µs umgestellt war und deshalb ziemlich dumpf geklungen haben muss.

Den Tuner hat ein Fisher-Sammler aus Lübeck ersteigert. Meinen X-1000, der hier schnell und in zwei Paketen professionell verpackt ankam, habe ich EternalArts zur Revision und Umstellung auf 235 Volt nach Hannover gebracht. Das Holzgehäuse gab ich Möbelrestaurator Jürgen Heuner in Neu-Anspach zur fachgerechten Aufarbeitung und Politur.

In guter Gesellschaft: Fisher X-1000 neben meinen Lautsprechern Tannoy Stirling. Auf dem untersten Regalboden der Garrard 401 von Loricraft

Power für große Säle und Theater

Es geht aber noch mehr – die Spitze des Fisher-Programms markieren die Verstärker auf zwei getrennten Chassis. „Noch weitergehende Regelmöglichkeiten und eine überaus natürliche Wiedergabe“, überschreibt der Hersteller die „Laboratoriumsstandard-Serie“ in einem deutschsprachigen Informationsblatt.

Fisher-Vorstufe 400-CX – hier in einer als „President“ bezeichneten Sonderserie

Als „Gerät für Kenner und Fachleute der Musikwiedergabe, die an größtmöglicher Vielseitigkeit in Verbindung mit der höchsten erreichbaren Leistung interessiert sind“, wird der Vorverstärker Fisher 400-CX bezeichnet. Die Vorstufe besitzt 22 logisch zusammengefasste Regler und Schalter, mit denen sich alle nur denkbaren Funktionen durchführen lassen. Der 400-CX eignet sich zum Anschluss von acht Programmquellen, einer Fernbedienung und der Nachhalleinrichtung Spacexpander.

Spielpartner ist die 1963 vorgestellte Endstufe SA-1000, die als K-1000 Stratakit auch zum Selbstbau erhältlich war und in der Leistung nur von der McIntosh MC 275 übertroffen wird. Mit dem Mac teilt sie das stolze Gewicht von 31,5 Kilogramm.

Stereo-Röhrenendstufe Fisher SA-1000 mit 2 x 65 Watt sinus – hier in der Ausführung mit goldfarbenen Transformatoren

„Dieser Kraftverstärker ist jeder Anforderung gewachsen, selbst in großen Sälen und Theatern“, schreibt Fisher im Informationsblatt. „Obwohl die SA-1000 konservativ mit 2 x 65 Watt Dauerton angegeben ist, beträgt ihre Impulsleistung insgesamt 150 Watt. Die Endstufe arbeitet mit Strahlenbündel-Pentoden vom Typ 8417. Diese Westinghouse-Röhre wurde speziell für die SA-1000 entwickelt und bietet extreme Linearität mit dem Ergebnis niedrigen Klirrfaktors.“

Wie beim Vollverstärker X-101-C ist auch die Front der Endstufe SA-1000 unterteilt. Häufiger benutzte Bedienungselemente – Pegelsteller zum kanalweisen Abschwächen des Eingangssignals, Drehschalter für das Ansteuern der vier Leistungsröhren, Messinstrument für den Ruhestromabgleich sowie eine Betriebsanzeige – befinden sich direkt unter dem Röhrenkäfig.

Das untere Drittel der Front ist mit einer vornehmen Blende und Fisher-Emblem versehen. Klappt man sie herunter, lassen sich die Arbeitspunkte der Leistungsröhren an Stellschrauben feinjustieren. Außerdem befindet sich unter der Abdeckung der Schalter für ein Subsonic-Filter.

Stereo-Röhrenendstufe Fisher SA-1000 – hier mit heruntergeklappter Frontblende, wodurch die Stellschrauben sichtbar sind

Auch nach Deutschland kamen, von Echolette und dann von Elac vertrieben, einige Exemplare des Kraftpakets.

Fisher-Endstufe SA-1000 in der Ausführung mit schwarzen Trafos im Besitz eines Sammlers aus dem Kreis Offenbach

Diese von Echolette in 220-Volt-Version ausgelieferte SA-1000 versah ihren Dienst in einer Münchener Diskothek von Inhaber Hans Bauer.

Hans Bauer – rastloser Erfinder, Geschäftsmann und Hotelier – vertrieb ab 1962 Fisher-Geräte und andere hochpreisige amerikanische HiFi-Marken in Deutschland. Den Ruhestand verbrachte der Ur-Bayer auf seiner Alm oberhalb des Schliersees

Heute gehört die voll funktionsfähige Fisher SA-1000 aus der Diskothek einem Augenoptikermeister und Fisher-Liebhaber aus dem Kreis Offenbach. Sogar NOS-Ersatz für die nicht mehr produzierten Beam-Power-Röhren 8417 hat Norman Kern noch am Lager.

An dieser Stelle nochmals Dank für das Ausleihen seiner Fisher-Endstufe, die mein Sparringspartner Michael Bechtold zusammen mit anderen HiFi-Klassikern in der BraunSammlung Kronberg für SCHWEIZER PRÄZISION fotografiert hat.

Leider besitzt das schöne Stück einen Makel: Quer über die hellgoldene Front zieht sich ein schlimmer Kratzer – dem achtlosen Umgang eines DJ mit der SA-1000 geschuldet. Was aber die Besitzer meines Großwerks dank Photoshop nicht bemerken …