HiFi-Zwischenspiel bei Echolette

Das Vertriebsunternehmen Echolette wird von Hans Bauer Ende der 1950er Jahre gegründet. Bauer ist selbst Musiker und ersinnt ein Nachhall- und Trickgerät für die Orchester-Elektronik. In Arthur Klemt gewinnt er einen Ingenieur, der die Idee technisch umsetzt und das Gerät in seinem Betrieb in Olching bei München baut.

Typisches Musikhaus der 1960er Jahre: Links die Echolette Combi im „Schonkasten“, bestehend aus Hallgerät NG 51 und Mischverstärker M 40, rechts eine ähnliche Kombination der Konkurrenzfirma Dynacord

„Die Echolette war in der Unterhaltungsmusik bald eine Notwendigkeit, um up-to-date zu sein, und gehörte zur Standardausrüstung erfolgreicher Tanzkapellen“, erinnert sich der Bremer Axel Pollmann, der in seiner Freizeit als Alleinunterhalter am Keyboard musizierte und beruflich Techniker im Geschäft mit Musikautomaten war. „Wer keine Stimme hatte, bekam durch die Echolette eine.“

Nach dem Erfolg mit Orchester-Elektronik will Echolette-Geschäftsführer Hans Bauer auch an dem viel versprechenden HiFi-Markt teilhaben

Bereits im Frühjahr 1962 – zu einer Zeit, als High Fidelity in Deutschland nur Insidern ein Begriff ist – beginnt Echolette mit dem Aufbau eines Importprogramms der „HiFi-Weltklasse“. Dem allerdings, wie Bauer erfahren muss, im Unternehmen nur ein dreijähriges Intermezzo beschieden ist.

Bauers Affinität zu hochwertiger Musikwiedergabe reicht allerdings weiter zurück. Schon 1959 vertreibt er laut Echolette-Gesamtprospekt den „bewährten HiFi-Verstärker Telewatt VS-55“ und wirbt damit, „HiFi-Anlagen jeder Art“ zusammenzustellen.

Mit dieser Sammelanzeige im schwungvollen Nierentisch-Design präsentiert Echolette sein Weltklasse-Programm

Im Mai 1962 meldet Bauers Kundenzeitschrift Show Business über die neue Aktivität: „Die Münchener Großhandelsfirma Echolette, in Deutschland und dem europäischen wie überseeischen Ausland seit vielen Jahren durch ihren Vertrieb von Echolette Nachhall- und Verstärkergeräten sowie von Musikinstrumenten besonders in Kreisen internationaler Ensembles und Orchester wohlbekannt, hat seit Beginn diesen Jahres ein neues, bedeutendes Vertriebsprogramm hinzugewonnen.“

Für den Verkauf an Endverbraucher eröffnet Echolette in München-Schwabing ein Studio mit dem passenden Namen „international hi-fi stereo center“ in modischer Kleinschrift. Geschäftsführer in der Martiusstraße 8 wird Alexander Wiesbauer, der später den Deutschland-Vertrieb des japanischen Herstellers Onkyo aufbaut.

Ankunft der ersten amerikanischen HiFi-Geräte in München – die hier aus einer Vickers Viscount der KLM am Flughafen Riem ausgeladen werden. Die Unterzeile weist auf die Verwandtschaft zwischen Orchester-Elektronik und HiFi-Bausteinen hin

„Unser International High-Fidelity and Stereo Sound Center“– so der hochtrabende Name der neuen Aktivität – „hat nunmehr jenes vielseitige und weitreichende Gebiet reinster Tonwiedergabe betreten, welches in den Vereinigten Staaten und in einigen anderen fortschrittlichen Ländern der Erde schon seit Jahrzehnten zu einer Institution und Wissenschaft für sich geworden ist und jeden Musikliebhaber und -Sachverständigen immer mehr begeistert.“

Für den wichtigen Service an den neuartigen US-Geräten gewinnt Echolette den Techniker Johann Gurinov von der Konkurrenz. Gelernt hat der Ur-Bayer sein Handwerk der Elektromechanik bei Dynacord – einer von Werner Pinternagel gegründeten Spezialfirma für Orchesterelektronik und Diskothekenausrüstung in Straubing an der Donau.

Johann Gurinov war für den Werkstattbereich bei Echolette verantwortlich. Am Nikolaustag des Jahres 2012 ist der begabte Techniker in München gestorben

Echolette importiert Verstärker und Tuner von The Fisher und Grommes, Profi-Lautsprecher von James B. Lansing sowie Tonabnehmer von Pickering nach Deutschland.

Außerdem liefert Echolette Laufwerke und Tonarme von Thorens. Die deutsche Vertretung hat Hans Bauer von Herbert Anger in Frankfurt übernommen, der sein Großhandelsunternehmen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste.

Allerdings bleibt der Thorens-Vertrieb nur wenige Monate bei Echolette – was mit dem Zusammenschluss von Thorens und Paillard in der Schweiz zusammenhängt. Schon ab Frühjahr 1963 ist die Niederlassung von Paillard in München-Schwabing für den Verkauf der Thorens-Plattenspieler in Deutschland zuständig.

Um den Kunden eine Palette von Spitzengeräten des Weltmarkts zu bieten, baut Paillard-Bolex mit seiner „Abteilung Thorens“ in kurzer Zeit ein hochkarätiges Vertriebsprogramm auf.

Sitz von Paillard-Bolex ist ein Eckhaus an der Leopoldstraße. Eine Leuchtreklame wirbt für „Schweizer Präzision“. Legendär der Vorführraum im vierten Stock, wo regelmäßig eine Mischung aus Fachsimpeleien unter Insidern und der Präsentation ausgewählter Musikbeispiele auf einem Thorens TD 124 stattfindet

Nach Beendigung des HiFi-Zwischenspiels bei Echolette heuert Johann Gurinov als Werkstattleiter bei Paillard-Bolex in der Leopoldstraße 19 an. „Die Firma war ja wirklich ganz in der Nähe“, lacht Gurinov verschmitzt, als wir uns auf einer High-End-Messe in Deutschlands heimlicher Hauptstadt treffen. „Da brauchte ich praktisch nur über die Straße zu gehen.“

„Das neue HiFi-Center von Echolette hat die Exklusiv-Vertretung einiger bedeutender amerikanischer Unternehmen für Deutschland übernommen“, lässt die Firmenzeitschrift verlauten. „Echolette vertreibt nun die Produkte berühmter amerikanischer Firmen, z. B. Fisher Radio Corporation, Long Island City, New York (Amplifiers-Verstärker und Tuners, Mikrophone, Tonbänder, Lautsprechergehäuse, Plattenspieler und viele andere Produkte).“

Schwerpunkt des Importgeschäfts von Echolette sind die Verstärker und Tuner von The Fisher

Eher beiläufig wird in der obigen Anzeige erwähnt, dass Echolette die hochwertigen Lautsprecher von Cabasse aus Frankreich vertreibt. Auch diese „absolute Spitzenklasse der Weltproduktion“ haben die Münchener von Herbert Anger übernommen.

Schwerpunkt des Handels mit Schallwandlern sind die Lautsprecher von J. B. Lansing. Fast die gesamte amerikanische Musikprominenz arbeitet mit den Erzeugnissen von Lansing, die auch in hochwertigen Gitarren- und Basslautsprechern von Fender und Echolette Verwendung finden.

Die Lansing Olympus (links) zählt zu den besten Lautsprechern des Weltmarkts – und sorgt auch im gutbürgerlichen Karlsruher Wohnzimmer von Karl Breh, Chefredakteur der HiFi-Stereophonie, für Wohlklang. Noch eindrucksvoller ist die Studio-Abhöranlage Paragon. Die hornbasierte Dreiwegekonstruktion (zwei 15-Zoll-Bässe plus Mittel- und Hochtonhorn) bringt den linken und rechten Kanal in einem wunderschön geschwungenen, von Hand aufgebauten Holzkorpus zusammen (links)

Die besondere Konstruktion des Paragon sorgt dafür, dass der Stereo-Effekt im ganzen Raum hörbar bleibt. Bei meinem Besuch an seinem Ruhesitz am Schliersee verriet mir Hans Bauer, dass er diese über 10000 DM teure Lautsprecheranlage einem Münchener Großindustriellen verkauft hat.

Auch gut beleumundete amerikanische Tonabnehmer hat Echolette im Programm. Während Garrard-Audioson in Frankfurt die bekannten Abtaster von Shure vertreibt, vertreten die Münchener die Pickups der Firma Pickering in Deutschland.

Typisch für Pickering-Tonabnehmer ist die kleine Bürste, die am Nadeleinschub befestigt ist. Der Hersteller betont, dass dieser „Dust-A-Matic“ genannte Pinsel, der feinste Staubpartikel nach dem elektrostatischen Prinzip von der Schallplatte entfernt, auch abnehmbar ist

Die preiswerte Linie bei Echolette wird durch die US-Marke Grommes vertreten. „HiFi-Reproduktion verlangt in jeder Beziehung erstklassige Geräte“, informiert der in Franklin Park, Illinois, ansässige Hersteller in seinem Prospekt. „Besonders schwierig ist diese Forderung zu erfüllen, wenn gleichzeitig die Preisfrage eine ausschlaggebende Rolle spielt.“

„Grommes hat es sich zur Aufgabe gemacht, HiFi-Verstärker herzustellen, die angesichts des mäßigen Preises ein Optimum an Qualität und universeller Verwendbarkeit darstellen und in zwei Größen lieferbar sind: Type 24 LJ, 2 x 12 Watt, und Type 10 LJ, 2 x 5 Watt. Weil diese Komponenten ohne Gehäuse geliefert werden, lassen sie sich in jede Art von Wohnraum integrieren und in Schränke einbauen.“

Die Darstellung von Grommes verrät viel über das Rollenverständnis amerikanischer HiFi-Hersteller: Der Hausherr, fachkundig, macht es sich im Sessel mit Fußhocker bequem, die Dame des Hauses, technisch unbedarft, nestelt am Tuner

Allerdings ist die Marke Grommes – von der man in Deutschland nie wieder etwas gehört hat – nicht lang im Programm. Die Verkäufe der Budget-Geräte müssen gleich Null gewesen sein. In den folgenden Anzeigen von Echolette taucht der Name nicht mehr auf.

Was überrascht: In der Schweiz hatte Egli, Fischer & Co. die HiFi-Bausteine von Grommes im Programm. Auf den Prospekt mit dem herrlichen Stilleben stieß ich im Dokumentenkeller des Züricher Großhändlers.

Den Zugang zu dieser Schatzkammer – eine ergiebige Fundquelle für SCHWEIZER PRÄZISION – ermöglichte mir Remo Habermacher, Leiter des HiFi-Studios bei Egli. Einen ganzen Tag lang durfte ich dort die staubigen Aktenordner wälzen und mir wichtige Unterlagen ausleihen.

Doch auch das Geschäft mit den anderen US-Geräten läuft in München zäh. Eine wenig erfolgreiche Vermarktungsidee ist der Echolette-Regietisch mit je zwei Verstärkern von Fisher und Thorens-Plattenspielern TD 124.

Fisher zieht schon nach einem Jahr enttäuschender Verkaufszahlen bei Echolette die Reißleine. Mit einem Vertriebswechsel erhofft man sich in New York neues Glück.

1963 überträgt Fisher das Deutschland-Geschäft der Firma Elac in Kiel, die damit ihre Palette von HiFi-Plattenspielern zu ergänzen hofft. Doch die gegenseitige Befruchtung der Produktgruppen zeigt nur wenig Erfolg.

Die Verstärker und Tuner von Fisher sind in Deutschland für Normalverdiener viel zu teuer

Statt Fisher jetzt Scott

Nach dem Verlust der Fisher-Vertretung kann Echolette 1964 eine ebenso renommierte US-Marke als neuen Vertriebspartner gewinnen:

„Inzwischen gelang es dem rührigen Echolette-Chef Hans Bauer, die Alleinvertretung der berühmten amerikanischen High-Fidelity-Geräte der Firma Scott zu erwerben“, berichtet das Firmenmagazin Show Business.

„Scotts weltweiter Ruf beruht hauptsächlich auf den hohen Leistungen seiner Ingenieure, die an der Entwicklung der Stereotechnik mit bedeutenden Erfindungen beteiligt waren. Das Programm umfasst Stereoverstärker und Tuner (Radioteile). Für Radio-Bastler liefert die Firma die bekannten Scott-Bausätze“

Sogar um ein Fabrikat aus Japan kann Echolette sein Angebot noch erweitern – und auch hier ist Hans Bauer Pionier: Denn die Invasion der japanischen Hersteller im deutschen HiFi-Geschäft beginnt erst fünf Jahre später. Dazu heißt es in der Show Business:

„Ein besonders preisgünstiges Angebot an hochqualitativen Stereoverstärkern und Tunern bietet die japanische Firma Sansui, die exklusiv in Deutschland im Echolette-HiFi-Programm vertreten ist. Sansui stellt die stärksten japanischen Stereoverstärker her.“

Mit den Typen SM-80-E und SM-32-E offeriert Echolette zwei Receiver von Sansui „zu äußerst günstigem Preis“

„Man wird also sicher noch viel von Hans Bauer, dem Inhaber der Firma Echolette, und den Erfolgen seines Teams zu hören bekommen.“

Eine glatte Fehleinschätzung – damit liegt die Firmenpostille beim HiFi-Geschäft völlig falsch: Trotz aller Rührigkeit macht Echolette die gleichen Erfahrungen wie andere Vertriebsfirmen jener Zeit. Der hiesige Markt ist in der ersten Hälfte der 1960er Jahre einfach noch nicht reif für die hochpreisigen Verstärker, Tuner und Lautsprecher aus dem Ausland.

So gibt Hans Bauer sein HiFi-Geschäft 1965 schweren Herzens auf und widmet sich fortan der Einrichtung und dem Betrieb der aufkommenden Diskotheken als neuem Standbein.

Münchener Großdiskothek von Hans Bauer: Im „Studio 15“ arbeitet der Diskjockey mit der Tellerkupplung an zwei schweren Thorens-Laufwerken TD 124/II mit SME-Tonarmen 3009

Auch dieses Thema ist für Bauer nicht neu: „Wir konstruieren, bauen und stellen Diskotheken für Tanzlokale und Bars zusammen“, lässt schon der Echolette-Prospekt aus dem Jahr 1959 verlauten.